Sure al-Fatiha hinter dem Imam lesen | Sh. Muhammad ad-Dadaw

Scheich Muhammad al-Hassan al-Dadaw: Die Sure al-Fātiḥa (Nr. 1) hinter dem Imam zu rezitieren, wurde seitens des Propheten ﷺ befohlen:

„Jedes Gebet, das ohne die Mutter des Korans rezitiert wird, ist unvollständig, unvollständig, unvollständig, nicht vollkommen!“[1]

Ebenfalls befahl er (ﷺ), dass man dem Imam zuzuhören hat,[2] und er (ﷺ) sagte, dass die Rezitation des Imams auch für denjenigen hinter ihm gilt.[3] Der Prophet ﷺ sagte auch:

ما لي أُنازَعُ القرآنَ ؟…

„…Warum macht man mir das Lesen des Korans streitig?“[4]


عَنْ أَبِي هُرَيْرَةَ، أَنَّ رَسُولَ اللَّهِ ﷺ انْصَرَفَ مِنْ صَلاَةٍ جَهَرَ فِيهَا بِالْقِرَاءَةِ فَقَالَ ‏”‏ هَلْ قَرَأَ مَعِي أَحَدٌ مِنْكُمْ آنِفًا ‏”‏ ‏.‏ فَقَالَ رَجُلٌ نَعَمْ يَا رَسُولَ اللَّهِ ‏.‏ قَالَ ‏”‏ إِنِّي أَقُولُ مَا لِي أُنَازَعُ الْقُرْآنَ ‏”‏ ‏.‏
قَالَ فَانْتَهَى النَّاسُ عَنِ الْقِرَاءَةِ مَعَ رَسُولِ اللَّهِ ﷺ فِيمَا جَهَرَ فِيهِ رَسُولُ اللَّهِ ﷺ مِنَ الصَّلَوَاتِ بِالْقِرَاءَةِ حِينَ سَمِعُوا ذَلِكَ مِنْ رَسُولِ اللَّهِ ﷺ

Von Abū Huraira wird überliefert, dass der Gesandte Allahs ﷺ einst das Gebet beendete, das er laut verrichtet hatte und dann fragte: „Hat jemand von euch gerade mit mir gelesen?“ „Ja, o Gesandter Allahs“, antwortete ein Mann. „Und ich fragte mich: ‚Warum macht man mir das Lesen des Korans streitig?‘“, sagte er.

Er (der Überlieferer al-Zuhrī) sagte: „Da hörten die Leute (seitdem) auf, wenn der Gesandte Allahs ﷺ laut betete, im Gebet mitzulesen, als sie dies von ihm ﷺ hörten.“


Hier bemühten sich die Gelehrten, beide Texte in Einklang zu bringen. Einige waren der Meinung, dass die Sure al-Fātiḥa hinter dem Imam nicht rezitiert zu werden braucht, wenn es sich um ein lautes Gebet handelt. Denn die Rezitation des Imams gilt auch für denjenigen hinter ihm. Als ein Mann jedoch den Überlieferer des Hadith Abū Huraira „Was soll ich mit der Eröffnenden des Buches machen?“ fragte, antwortete er: „Lies sie leise selbst mit, o Perser!“[5] Er befahl ihm also, sie im Stillen zu lesen, nämlich nachdem man dem Imam zugehört hat, wie dieser die Sure al-Fātiḥa bereits selbst fertig rezitiert hat. Schweigt der Imam aber nicht nach der Rezitation dieser Sure, so sagte ʿUrwa b. al-Zubair : „Der Imam hat drei Momente, in denen er zur Ruhe kommt. Daher sollte man diese nutzen, um die Sure al-Fātiḥa fertig zu rezitieren.

1. Moment: Wenn der Imam das Eröffnungsbittgebet spricht, nachdem er mit der Eröffnungspreisung (der erste Takbīr) begonnen hat.

2. Nach dem Sagen von ‚Āmīn‘ nach der Sure al-Fātiḥa

3. Wenn er die (zweite) Sure beendet, kurz bevor er in die Verbeugung (rukūʿ) geht.“[6]

Es handelt sich also um drei Augenblicke, in denen der Imam leise ist. Und ʿUrwa b. al-Zubair erließ die Fatwa, dass man versuchen soll, in diesen die Sure al-Fātiḥa vollständig zu lesen. Generell ist die Angelegenheit unproblematisch, wenn man mittels des Idschtihad die verschiedenen Texte in Einklang bringt. Denn einerseits wurde uns befohlen, die Sure al-Fātiḥa im Gebet zu rezitieren und andererseits sollen wir den Imam nicht stören, wenn er sie rezitiert. Man kann der Fatwa von Abū Huraira folgen, indem man sie leise mitliest, während der Imam rezitiert. Oder man liest sie, sobald der Imam leise ist, etwa wenn er z.B. das Eröffnungsbittgebet spricht. Schließlich ist die Sure al-Fātiḥa ein pflichtiger Teil, aber das Bittgebet nicht.


Hanafiten: Man liest gar nicht mit – weder die Sure al-Fātiḥa noch eine weitere Sure. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um ein leises oder lautes Gebet handelt. Beweise: Hadithe in den Fn. 2 und 3 sowie der Koranvers in Sure al-Aʿrāf (7:204).

Malikiten und Hanbaliten: Ist das Gebet leise, dann ist das Mitlesen empfehlenswert (mandūb). Ist es hingegen ein lautes, dann ist das Mitlesen verpönt (makrūh).

Schafiiten: Man muss die Sure al-Fātiḥa mitlesen und es ist gleichgültig, ob es sich um ein lautes oder leises Gebet handelt. Beweise: Hadithe u.a. in Fn. 1.


[1] In leicht unterschiedlichen Wortlauten: Sahih Muslim, Kapitel 4, Hadithnr. 395; Sunan Abī Dāwūd, Kapitel 2, Hadithnr. 821; Jāmiʿ al-Tirmiḏī, Kapitel 2, Hadithnr. 247, 312, Kapitel 47, Hadithnr. 2953; Sunan al-Nasāʾī, Kapitel 11, Hadithnr. 909; Sunan Ibn Mājah, Kapitel 5, Hadithnr. 838, 840 f.

[2] Sahih Muslim, Kapitel 4, Hadithnr. 404; Sunan Abī Dāwūd, Kapitel 2, Hadithnr. 604; Sunan Ibn Mājah, Kapitel 5, Hadithnr. 846 f.; Sunan al-Nasāʾī, Kapitel 11, Hadithnr. 921 f.

[3] Sunan Ibn Mājah, Kapitel 5, Hadithnr. 850; Musnad Imam Aḥmad, Hadithnr. 14643; al-Ṭaḥāwī, Šarḥ maʿānī al-āṯār, Band 1, Seite 217, Hadithnr. 1294, Edition: Dār ʿĀlam al-Kutub.

[4] Sunan Abī Dāwūd, Kapitel 2, Hadithnr. 826 f.; Jāmiʿ al-Tirmiḏī, Kapitel 2, Hadithnr. 312; Sunan Ibn Mājah, Kapitel 5, Hadithnr. 848; Sunan al-Nasāʾī, Kapitel 11, Hadithnr. 919; al-ʿAinī, Nuḫab al-afkār fī tanqīḥ mabānī al-aḫbār fī šarḥ maʿānī al-āṯār, Band 4, Seite 94, Edition: Wizārat al-Auqāf wa asch-Schuʾūn fī Qaṭar.

[5] Vgl. Sunan al-Nasāʾī, Kapitel 11, Hadithnr. 909; Sunan Ibn Mājah, Kapitel 5, Hadithnr. 838.

[6] Vgl. ʿAbdur-Razzāq, al-Muṣannaf, Band 2, Seite 420, Hadithnr. 2879, Edition: Dār al-Taʾṣīl; al-Maqdisī, Al-Muġnī, Band 2, Seite 266, Edition: Dār ʿĀlam al-Kutub.

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