Moderator: Frage: Mein Vater lehnt es ab, mich mit einem sunnitischen, praktizierenden Muslim (ohne triftigen Grund) zu verheiraten. Seine Freunde und ich haben bereits versucht, ihn zu überreden, aber er lehnt es (nach wie vor) ab. Was können Sie ihm raten? Diese Sache ist bereits mehrfach vorgefallen.
Scheich Salim asch-Schaikhi: Solche Sachverhalte erhalten wir in den islamischen Räten in Großbritannien sehr oft. Erfahrungsgemäß verhält sich der Vater als Vormund (walī) hier häufig schädlich. Er lehnt die Heirat ohne jeglichen islamischen Grund und wenn er es ihr verbietet, dann sind es Gründe, die oft nichts mit den Zwecken der Scharia zu tun haben. Er bewahrt seine Tochter nicht (vor jeglichen Gefahren) und verkennt die Umstände der Umgebung, in der er lebt, insbesondere in Europa, in dem Frevel vorherrschend ist. Wenn jemand kommt, mit dem du zufrieden hinsichtlich Religiosität, Benehmen und deine Tochter ihn auch akzeptiert, warum verwehrst du ihr dann die Heirat? Vielmehr habe ich herausgefunden, dass die Ablehnungsgründe (der Väter) oft materialistischer Art sind. Viele lehnen die Heirat aus gesellschaftlichen Gründen ab und einige wiederum aus nationalistischen Gründen, etwa die Hautfarbe.
Grundsätzlich sollte der Vater, wenn er vorfindet, dass seine Tochter sich wirklich wünscht (zu heiraten) und der sich bewerbende Mann religiös und vertrauenswürdig ist sowie (gutes) Benehmen hat, sie eilig verheiraten. Was wir in den islamischen Zentren tun würden, ist Folgendes: Wenn wir uns vergewissert haben, dass der Vater sein Recht der Zustimmung missbraucht, sodass die Heirat immer verhindert wird, dann würden wir ihm dieses Recht bzw. die Vormundschaft entziehen. Die befugten Imame dieser islamischen Zentren im Westen nehmen die Stellung der islamischen Richter bzw. des Sultans ein. Wann wird der Sultan involviert? Wenn es einen Schaden gibt. Wenn die Imame dieser islamischen Zentren in Europa und anderen Ländern einen Schaden ermitteln können – sie haben bereits, versucht zu schlichten und sich mit dem Vater zu verständigen sowie Ratschläge gegeben – und zum Ergebnis gelangen, dass er ihr die Heirat ohne jegliche Gründe verwehrt, dann kann man klarstellend festlegen, dass die Ehe ohne seine Zustimmung geschlossen wird.
Moderator: Was raten Sie der Schwester?
Schaikhi: Ich rate ihr, mit ihrem Vater in deren jeweiligen Aufenthaltsland einen Imam bzw. Gelehrten aufzusuchen, den sie als vertrauenswürdig erachtet. Der Vater wird angehört. Denn möglicherweise hat er einige Gründe für die Ablehnung oder er verfügt über einige Informationen, die er seiner Tochter nicht mitgeteilt hat. Sollte der Imam sodann feststellen, dass die Gründe berechtigt sind, wird er ihm ggf. zustimmen. Sollte dies aber nicht der Fall sein, dann kann der befugte Imam eines islamischen Zentrums sie verheiraten (er nimmt dann die Rolle des Vormundes wahr).
